Ja, Kazbegi, oder Stepanzminda, wie das Dorf offiziell heisst, ist definitiv ein guter Ausgangspunkt für ein paar schöne Wanderungen. Der Weg dorthin über die Heerstrasse nicht minder eindrücklich. 213 km schlängelt sich die Strasse bis auf den 2395m hohen Kreuzpass (Jvari Pass) durch die Berge. Dass sich dieser Weg lohnt, haben neben dem Lonely Planet wohl auch noch ein paar weitere Reiseführer erfasst, fahren doch etliche Touristenbusse die Strasse hinauf und hinunter. Darunter wieder einmal: Selma.

Der Tourismus hat auch Kazbegi erreicht und wir werden an allen Strassenecken von Taxifahrern für eine Fahrt zur auf dem Hügel gelegenen Kirche angehauen. Wenn, dann würde Selma das auch selber schaffen. Wir machen das aber lieber mal zu Fuss und fahren wieder raus aus dem Touristenstrom (noch lange nicht vergleichbar mit anderen Touristendörfern) und suchen uns ein gemütliches Plätzchen auf einer Wiese etwas ausserhalb mit wunderbare Bergsicht. Von dort aus unternehmen wir am nächsten Tag auch die Wanderung zum Gletscher nahe der Betlemi Hut, Ausgangspunkt für den Mt. Kazbegi. Ob wir den ohne Guide schaffen? Und vielleicht sogar noch mit den Skiern? Gemäss Tourenbeschreibung ist er nicht sonderlich schwierig, ein Gletscher, ein paar Spalten, aber wahrscheinlich einfacher als ein Vrenelis Gärtli. Aber man kennt sich halt nicht aus. Naja, zuerst mal den Elbrus besteigen, bzw. zuerst mal von unserer Tageswanderung wieder zurück kommen. Denn uns erfasst ein heftiges Gewitter und wir schaffen es gerade noch bereits völlig nass geregnet vor dem Hagel in die Tsminda Sameba Kirche, wo sich neben einer Taufe noch zig Leute vor dem draussen tobenden Sturm schützen. Nachdem sich der Sturm gelegt hat, bessert sich auch die Platznot in der Kirche wieder etwas, und auch wir machen uns auf, um eine Fahrgelegenheit zurück zu unserem Platz zu suchen. Einziges Problem: dreckige Bergschuhe und komplett durchnässt. Naja, versuchen kann man es ja mal und wir hauen den erst besten auf dem Weg nach unten an. Einen weissen BMW mit hellem Lederpolster. Kein Problem! Ohne zögern nehmen uns die Georgier mit und fahren uns freundlicherweise bis zur Selma. Beim Aussteigen versuchen wir erfolglos die Ledersitze trocken zu wischen. Viel nützt es nicht und so danken wir nochmals vielmals und winken beschämt, als sie sich wieder davon machen.

Georgiens Unabhängigkeitstag

Am nächsten Tag, Sonntag, dem 26. Mai ist Unabhängigkeitstag von Georgien. Dieser wird zynischerweise direkt an der Grenze zu Russland gefeiert. Da wir sowieso dort durch müssen und wir unser Visum für Russland auch langsam beanspruchen sollten, lassen wir uns den nicht entgehen. Die Feier ist dann aber mehr eine Farce als ein richtiges Fest. Ein paar Plakate zeigen die Geschichte der Heerstrasse auf, die üblichen Versicherungsstände stehen dort und die Kinder können ihre Gesichter bemalen. Das Ganze hat man innerhalb von 10 Minuten gesehen. Der Höhepunkt: eine Rede vom Finanzminister höchstpersönlich. Diese startete aber erst, als die so oder so wenigen Zuschauer sich von den traditionellen, doch sehr eindrücklichen Tänzen und Gesängen satt gesehen hatten und das Wetter mal wieder in ein Gewitter umschlug. Auch wir hatten genug, und so machten wir uns noch am gleichen Tag um 17.00 Uhr auf an die russische Grenze.

Grenzüberquerung nach Russland

Und auch der Grenzübergang wäre wieder ein Blogeintrag für sich wert…

Zwar hatten wir wahnsinnig Glück. Denn anstelle einer langer Warteschlange waren wir wieder einmal so ziemlich die Einzigen an der Grenze. Der georgische Unabhängigkeitstag war wohl eine gute Wahl für die Überquerung. Aus Georgien raus war auch kein Problem. Beim Eintritt nach Russland nahmen sie uns schon etwas genauer unter die Lupe…

Zuerst wurden wir aber auch hier wieder freundlich begrüsst. „Chippie?“ fragte der eine als er Andreas sah. Danach ging es aber strikter zu und her. Eine Blonde, mit aufgepumpten Lippen (wahrscheinlich alles Zufall), nahm unsere Pässe sehr kritisch unter die Lupe. Ohne ein Wort mit uns zu reden (ob es aus mangelhaften Englischkenntnissen oder einfach die Laune war) nahm sie den Telefonhörer und rief einen Wächter, der Englisch konnte. Von diesem wurden wir dann in ein separates Kämmerchen geführt, wo wir einzeln und mit gebrochenem Englisch verhört wurden. Wohin wir wollen, wieso, ob wir schon mal in Russland waren, ob einer aus der Familie Polizist ist. Was unsere Väter machen, und so weiter und so fort. Mein Vater war dann einfachshalber der ‚President of the city‘ (da erklärt mal einer Ortsgemeindepräsident…) worauf er dann aber doch anerkennend nickte und meinte ‚oh, good job‘. =)

Als dann das Verhör nach ca. 1,5 Stunden durch war, brachte er uns wieder hinaus und fragte nochmals, ob wir denn wirklich nach Russland möchten. Ja, wollen wir. Und so schafften wir es dann nach einigem weiterem Papierkrams auch wirklich.

Aber wir brauchten ja noch eine Autoversicherung. Wir schlugen uns also nochmals vorsichtig durch zu einem der Englisch konnte um zu fragen, wo wir diese denn abschliessen konnten. Als sich dieser bei einem Kollegen, der bereits ohne mit der Wimper zu zucken unsere Fahrzeugpapiere kontrollierte erkundigte, schaute uns dieser nur gehässig an und sagte: Go, go Russia! Das liessen wir uns nicht zwei mal sagen und fuhren vorerst ohne Autoversicherung los. 200m nach der Grenze sahen wir diese aber dann doch noch gross angeschrieben und unsere Einreise war komplett.

Das Büro für die Autoversicherung – Putin lässt grüssen
Geschafft, unser erster Platz ennet (kurz nach) der Grenze in Russland

6 Replies to “Kaukasus, Teil 1”

  1. Halleluja das tönt richtig kriminell. Isch sicher nöd so gemütlich gsi gell. Und weg de andere, hend ihr schomo gummibötli gseh rede? Das goht doch gar nöd😃wieterhin gueti Reis.

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  2. „President of the city“ 😀 soo geil. Ach ihr lieba..isch sehr spannend eua „block“ z‘verfolga.. 🙂 e grossi Umarmig an Eu. Ha eu lieb, Marina

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  3. Während ich (Stefi) euren Blog durchstöbere, googelt Matthi bereits Autos bzw.Busse..😃 ob das so gut war, dass wir euch getroffen haben..🙈
    Danke für den Wein und alles Gute für euren Aufstieg!! Liebe Grüße aus dem Tale (Stepanzminda)😃

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