Wir haben schon alles gelesen und gehört vom Grenzübertritt nach Turkmenistan. Von den detailliertesten Autodurchsuchungen, zu korrupten Grenzwächtern, über Diebstahl (!) bis hin zur gänzlichen Eintrittsverwehrung. Wir machten uns auf alles gefasst. Der Austritt aus dem Iran verlief reibungslos und freundlich. Und obwohl wir froh waren, weiter zu kommen, machte sich doch nochmals etwas Wehmut über das Land, in welchem wir so viel Gutes erlebt haben breit. Trotz den vielen unnötigen Regeln, den Sanktionen und den eingeschränkten Freiheiten haben wir hier die gastfreundlichsten Menschen kennengelernt, die alles mit einem teilen würden, auch wenn sie selber nicht viel haben.
Ein paar Meter weiter begrüssten uns die neuen Wächter nicht mehr mit ‚Salam‘ sondern mit dem russischen ‚Strassvuite‘. Na dann kann es losgehen mit dem turkmenischen Bürokratiespass. Zuerst Mal 20 Dollar Einreisegebühr bezahlen. Natürlich alles nur mit den nigelnagelneuen Dollarscheinen. Die 4 Dollar die wir zusätzlich bezahlten waren für eine Fake-Quittung, wie wir im Nachhinein erkannten. Dann Gesichtsscan, Fingerabdruck nehmen und schon einmal den Pass im Stempel. So weit so gut. Nun ging ich durch den Passagierzoll. Alles ganz einfach und fix. Andreas musste mit Selma alleine durch. Ich wartete. Nach ca. einer Stunde wurde ich unruhig, und fragte ob ich nicht helfen könne. Ein netter Angestellter brachte mich dann zur Autokontrolle und sagte ich solle hier warten. Andreas kam nach weiteren 5 Minuten. Alles ging gut, abgesehen dass er insgesamt ca. 230 Dollar für Versicherung, Strassengebühr, Brücken und weiss der Gugger was bezahlen musste. Somit waren dann auch unsere Dollarreserven aufgebraucht. Die Fahrzeugkontrolle allerdings beliessen sie bei einem kurzen Blick ins Fahrzeug. Wir waren überrascht. Keine korrupten Polizisten, keine mühsame Fahrzeugkontrolle. Alles was wir bekamen war ein GPS-Tracker und die Anweisung bis nach Aschgabat langsam zu fahren und auf keinen Fall Fotos zu machen. Abgesehen davon hiess es auch schon: Welcome to Turkmenistan. Wir konnten es kaum fassen, wir hatten es geschafft! Noch etwas nervös aber voller Vorfreude auf das ominöse Land fuhren wir langsam den weissen Marmorgebäuden von Aschgabat entgegen.
Wir sind drin! Noch sieht alles normal aus bis das weisse Tor die Stadt ankündigt Wo wir in die gähnende Leere fahren doch erstmals, Kopftuch weg und Bier her
Und wie uns die Stadt umhaute. Wie in den Reiseführern beschrieben fuhren wir rein in die blitzblanke, weisse Marmorstadt. Den piekfeinen sechsspurigen Strassen entlang, wo sogar die weissen Mittelstreifen geputzt wurden. Wenn mal ein anderes Auto an uns vorbei fuhr, dann war auch das glänzend geputzt und natürlich, weiss. Denn wer hier kein weisses, sauber geputztes Auto fährt, erhält eine Busse. Was für ein Glück, dass unsere Selma weiss ist! Auf dem Parkplatz vom Hotel Ak Altyn durften wir uns einquartieren, und sogar deren Strom, Dusche und Pool benutzen. Wir ahnten noch nicht, wie dankbar wir dafür waren… In Aschgabat angekommen hiess es erstmals, Stadt auskundschaften. Aufgrund der begrenzten Zeit bereits am Nachmittag bei 47 Grad. So schwitzten wir uns durch die futuristisch anmutende Geisterstadt. Kein Abfall, nur weisse Gebäude, klimatisierte Bushaltestellen (ja es gibt sie! Wenn auch nicht alle funktionieren) und der Präsident, welche von überall entweder vom Pferd oder bei der Jagd oder mit einem Welpen oder auch mal in Gold verkleidet von oben herab zuwinkt. Das einzig Lebendige an der Stadt waren die Frauen, welche eingehüllt schützend vor der brütenden Sonne die Strassen putzten. Ab und an versuchten wir auch ein verbotenes Foto zu schiessen (wir wollen unseren Lesern ja auch was bieten=)), was sich aufgrund der hohen Polizeipräsenz als nicht allzu einfach erwies. Einmal wurde Andreas doch bei einem Foto erwischt, schnurstracks herbeigepfiffen und aufgefordert, das Foto wieder zu löschen. Zum Glück hab ich vorher noch eines mit meinem Handy geschossen.
Am nächsten Tag ging es am Nachmittag dann mit einer gebuchten Tour nach Derweze, dem Tor zur Hölle. Derweze bezeichnet ein Ort, wo zu Sovietzeiten nach Gas gesucht wurde. Die Leute haben Löcher in den Boden gebohrt, welche unter Vakuumblasen in einen Krater zusammenbrach. Zuerst dachten sie, es gebe nichts. Erst als sie tote Tiere um den Krater fanden, nahmen sie die Untersuchungen wieder auf, und liessen zum Test einen brennenden Reifen von einem Hügel in den Krater rollen. Eine Explosion bezeugte ihre Vermutung. Was sie jedoch nicht einkalkulierten war, dass das entflammte, aus dem Krater strömende Gas weiterbrannte. Zu seiner Zeit dachte man, dass der Krater noch ca. 2 Monate weiterbrennen wird. Gut 50 Jahre später brennt der Krater immer noch wie zu seiner Zeit. Als wir unseren Fahrer fragten, ob sie nichts versuchen würden, um das brennende Gas zu stoppen meinte er nur: „No, why should we.“ Hier sieht man auch die verschiedenen Verhältnisse zu den Ressourcen unserer Erde. So eindrücklich der brennende Krater auch ist, so wenig erforscht ist er auch. Turkmenistan unternimmt relativ wenige Anstrengungen, um mehr darüber zu erfahren.
Idealerweise selber zu besichtigen um das Ausmass zu erleben
Auf den 260km zum Krater durch die brennend heisse Wüste besuchten wir auch ein kleines Dorf, welches der Hitze und den kargen Lebensumständen trotzt und dort lebt. Und kaum zu glauben, neben den vielen Kamelen, den simplen Häusern und der glütenden Hitze gibt es sogar ein kleines Lädeli, in welchem man ein Glacé kriegt. Was für eine absurde Welt.
Viel gibt es hier nicht Ein paar wenige Menschen Kamele.. Und Glacé, in einem 47 Grad heissen Wüstendorf
In der Tour inbegriffen war auch ein Nachtessen, welches wir im wohl einzigen Restaurant in der öden Wüste zu uns nahmen. Der Inhaber sah nicht gerade appetitlich aus, aber die traditionelle Brotsuppe und das Pilaf (Reis mit Fleisch) schmeckten und so griffen wir herzhaft zu. Wir ahnten ja noch nicht die Folgen. Spät am Abend wieder zurück von der Tour merkte Andreas bereits, wie sich was anbahnte. Am nächsten Tag hat es auch mich erwischt. Durchfall bei 47 Grad im Schatten. Wir versuchten am Morgen noch unser Sightseeing beim Bazaar in Aschgabat fortzusetzen, doch merkten ziemlich schnell, dass wir in einem Umkreis von 10 Minuten eine Toilette benötigen. So seuchten wir den Rest des Tages am Swimmingpool nahe der Toilette durch, um am Abend wieder mit einigermassen stabilem Magen unsere Reise fortzusetzen. Denn in zwei Tagen mussten wir bereits wieder aus dem Land ausreisen. Zum Glück waren die Strassen gut, und wir konnten bei 90km/h bis nach Merv, einer alten Seidenstrassenstadt, durchrasseln.
Auf dem Weg verpassen konnte man nicht viel, denn alles was man sah war Wüste, ab und zu eine kleine Siedlung im Sovietstil mit ein und demselben Haus aneinandergereiht, und Polizisten. Ca. alle 70 Kilometer kam wieder ein Polizeiposten, wo man einmal ganz anhalten musste. Wenn sie lustig waren kontrollierten sie die Papiere, ansonsten konnte man weiterfahren. In Merv konnte man erahnen, wie wichtig und gross diese Stadt einmal für den Handel zwischen Ost und West war. Die alten Ruinen waren auf jeden Fall beeindruckend. Am nächsten Tag mussten wir aber bereits weiter zur Grenze, denn unser 5-Tages-Visum ging zu Ende.
Obwohl wir leider wenig mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt kamen, widerspiegelten diese Elemente ziemlich gut den Zustand Turkmenistans. Aschgabat, die Prestigestadt des Präsidenten welche vom Ölreichtum des Landes nur so strotzt. Die alten Soviethäuser, in welchem die Turkmenen bescheiden leben und dann die vielen Polizisten, welche das Land überwachen, sodass auch ja alles seine Ordnung hat. Da fragt man sich, was besser ist. Ein Land wie Iran, wo das öffentliche Leben durch die vielen Regeln zwar stark eingeschränkt ist, im privaten jedoch die Freiheiten ausgelebt werden und die Meinungen kundgetan werden können, oder Turkmenistan, wo der Mensch sich grundsätzlich frei verhalten kann, solange er sich nicht gegen den Staat aufbringt. Die Leute in Turkmenistan scheinen einen zufriedenen Eindruck zu machen. So oder so, wir können uns glücklich schätzen, dass wir wieder in ein freies Land wie die Schweiz zurückkehren können.
Und zu guter Letzt: