Als wolle Selma uns nicht verlassen…

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In Irkutsk angekommen mussten wir uns erstmals um Selma’s Rücktransport nach Moskau kümmern. Gar keine so einfache Sache, wie sich herausstellt, denn Selma ist halt einfach ein bitzeli zu gross für gewöhnliche Transportunternehmen. Nach langem Hin und Her und Sucherei findend wir dann eine Lastwagentransportfirma. Selma geht also nicht wie ursprünglich gedacht per Zug, sondern per Autoverlad nach Moskau.

Nachdem der Transport organisiert ist, bleibt uns noch eine Woche, bis es mit der transsibirischen Eisenbahn nach Wladiwostok geht. 75 Stunden lang Zug fahren. Quasi 20x quer durch die Schweiz. Das wird ein Spass. Bis dahin wollen wir noch die Gegend und auch die russische Kultur etwas näher kennen lernen. Was bietet sich da besser an als ein Volunteering Projekt bei einem russischen Paar, dass inmitten einem Tal beim Baikalsee eine Holzhütte baut. In der Ausschreibung steht auch, dass sich das Gebiet perfekt für Skitouren eignet. Wie für uns gemacht. Am nächsten Tag geht es dann also los und wir fahren mit Selma und der Projektleiterin Darya 200km weiter an den Baikalsee – mittlerweile keine Distanz mehr für uns. Der erste kulturelle Unterschied wird bereits hier ersichtlich – kein Händedrücken, kein grosses Vorstellen. Ein kurzes Hallo muss genügen, einsteigen und ab geht’s. Vom Baikalsee sind es dann noch gut zwei Stunden zu Fuss das Tal hoch, voll beladen mit Essen für die nächsten Tage. Denn wie wir sehen hat es hier wirklich nichts. Kein Strom, kein fliessend Wasser, von Internet gar nicht zu sprechen. Für uns eine schöne Abwechslung zu den langen Fahrtagen. Wir fragen uns aber schon, wie eine Frau wie Darya, mit ihren perfekten Nägeln und dicken Lippen sich hier oben wohl fühlt. Ist dann auch nebensächlich, denn die Arbeit ruft! Arthur, der die Hütte hauptsächlich alleine mit der Hilfe ein paar wenigen Volunteers baut, erzählt uns von seinen ehrgeizigen Zielen. “Das Dach muss unbedingt fertig werden, bevor der Schnee kommt” meint  er. Es ist schnell klar, dass die Russen nicht dieselben Hausbaustandards haben wie wir in der Schweiz. Auch kann man sich hier einfach mal ein Plätzchen für sein Haus aussuchen. Die Grundstückrechte werden dann im Nachhinein noch geregelt. Land hat es ja schliesslich genug. Uns kann das zum Glück egal sein. Erstmals heisst es anpacken und so schnell wie möglich das Dach fertig kriegen. Zum Glück kommt der grosse Schnee dann doch nicht so wie vorausgesagt, denn das Dach braucht eben seine Zeit.

Die Arbeit ruft

Nach ein paar Tagen krampfen hat es für uns zumindest genug Schnee, um die Skier auszupacken und unsere Skitourensaison zu eröffnen. Anfangs November, inmitten Sibiriens! Was  für ein herrliches Gefühl! Was für uns perfekte Bedingungen mit schönstem Pulverschnee sind, ist für diese Gegend jedoch erst der Anfang. Meterweise stappelt sich hier der Schnee anscheinend im tiefsten Winter. Auch Darya und Arthur begleiten uns auf der ersten Skitour. Doch auch hier merkt man wieder die russisch-schweizerischen Unterschiede. Eine Stirnlampe sollen wir auf jeden Fall mitnehmen, man weiss nie wann man zurück ist. Erstaunt schauen wir uns an. In der Schweiz ist man normalerweise am frühen Nachmittag wieder zurück… Aber naja, sie sind die Locals hier. Als wir dann um halb 11 endlich mal loskommen merken wir bald, dass die Stirnlampe gar nicht so verkehrt war. Es geht nur schleppend voran, sodass wir irgendwann schon mal voraus laufen, eine kurze Pulverabfahrt für uns machen, bis  sie um halb 3 Uhr dann auch endlich auf dem Gipfel sind. Die Abfahrt gestaltet sich ähnlich langwierig, und so sind wir um halb 5, kurz vor dem Eindunkeln zurück in der Hütte.

Am nächsten Tag packen wir alleine unsere Sachen und machen uns los zur Erkundigung eines zweiten Berges. Eine Stunde früher und einiges zackiger erreichen wir am Mittag den Gipfel, mit einer wunderschönen Aussicht bis runter zum Baikalsee. Wir sind schon etwas stolz, dass wir mittlerweile ohne Führer und trotz neuem Gebiet so alleine Skitouren unternehmen können. Wieder um halb drei zurück staunen auf jeden Fall alle, wie früh wir zurück sind. =) Da bleibt auch gerade noch genug Zeit, dass Andreas beim fertigmachen des Daches mithelfen kann. Am Abend dann doch ziemlich geschlaucht gönnen wir uns noch ein heisses Banja, bevor es dann auch schon wieder ins Tal geht.

Tour Nr. 2

Zurück bei Selma geniessen wir noch den letzten Tag mit ihr am Baikalsee, inklusive Sonntagszopf und Baikalschwumm. Danach heisst es, Kanister leeren, putzen, aufräumen. Selma ready machen für die Abgabe.

Wieder zurück in Irkutsk sinken die Temperaturen rapide. Von angenehmen -3°C sinkt das Thermometer auf bis -17° C. So schwer uns die Trennung fällt, so froh sind wir auch, uns so entschieden zu haben. Ein Leben in Selma bei diesen Temperaturen ist schlicht nicht mehr möglich. Wir organisieren noch die letzten Sachen in Irkutsk und geniessen nochmals das Stadtleben, insbesondere die vielen schönen Cafés. Viel mehr ist bei diesen Temperaturen nicht zu machen.

Am Mittwoch ist es dann wirklich wirklich soweit und wir fahren Selma zum Parkplatz, wo sie in 2,5 Monaten nach Moskau gebracht wird. Beziehungsweise, wir versuchen, sie zum Parkplatz zu fahren. Die Dieselheizung haben wir eigentlich vorprogrammiert, damit der Motor bei diesen Temperaturen wie gewohnt schon mal aufgewärmt wird. Doch als wir den Zündschlüssel drehen, gibt Selma nicht viel mehr als ein kurzes Rattern von sich. Das gibt es doch nicht! Acht Monate und 180000 km ohne Probleme, und jetzt, wo wir sie abgeben müssen, springt sie nicht an! Als ob sie uns nicht verlassen möchte. Die Batterie ist das Problem. Die Dieselheizung lief zu oft, ohne dass der Motor die Batterie aufladen konnte. Also erstmals alles hinten rausnehmen und überbrücken. Zusätzlich hat sich noch eine Schraube beim Motor gelöst, was wir erst beim zweiten Anlauf herausfinden. Es scheint wie verhext. Nach etwa einer Stunde ist die Schraube dann aber wieder fest und das Überbrücken genügt für das Starten des Motors. Es muss halt nun mal sein. Viel zu spät kommen wir schlussendlich zur Übergabe an, wo wir Selma noch ein letztes Mal drücken. Ab jetzt heisst es, Rucksack auf, weiter geht es per Zug.

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